Rückfallangst

  • Liebe Forumsgemeinde,


    ich bin an Brustkrebs erkrankt. Vor vier Wochen wurde ich operiert, der Tumor histologisch untersucht. Es stellte sich heraus, dass der Tumor nur mäßig aggressiv ist und Hormonrezeptoren hat. Eigentlich gibt es keinen Grund für eine übertriebene Besorgnis. Obwohl meine Behandlung noch gar nicht abgeschlossen ist, quält mich (jetzt schon) die Angst vor einem Rückfall. Ursächlich dafür ist, dass ein Befall des Wächterlymphknotens festgestellt wurde. Ich habe gelesen, dass ein Lymphknotenbefall immer mit einer schlechteren Prognose einhergeht, auch bei guten Tumorwerten. Der Lymphknotenbefall verursacht bei mir immer wieder eine panische Angst.


    Wer kann mir hier Mut machen? Wie bekomme ich die Angst vor einem Rückfall in den Griff?


    Viele Grüße
    Paula

  • Hallo Paula,


    Dein Beitrag hat mich nachdenklich gemacht. ..Da ist sie wieder die Angst... Bin 2010 an Brustkrebs erkrankt und habe auch viel mit der Angst vor einem Rückfall zu tun.


    Bei Dir ist noch alles am Anfang und Deine Angst ist berechtigt. Vertraue Deinen Ärzten. Du wirst jetzt immer gründlich untersucht. Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs jede Frau ist unterschiedlich und reagiert unterschiedlich. Die Angst ist unser ständiger Begleiter, aber sie wird mit der Zeit blasser. Wichtig ist, dass das Vertrauen zu Deinem Arzt gegeben ist. Ablenkung ist die beste Hilfe. Natürlich auch Information und gute Gespräche. Ich wünsche Dir für Deine weiteren Behandlungen alles Gute und nicht so viel Angst.

  • Hallo Paula...


    ich hatte 2011 Brustkrebs,mit Lymphknotenbefall..der Lymphknoten unter der Achsel war größer als der Tumor in der Brust und mußte erst Chemo machen,damit der kleiner wird und operiert werden konnte. ich habe große Angst gehabt!!!doch Heute geht es mir gut und alle Nachsorgetermine waren bis jetzt ok!!
    Na klar hab ich noch immer vor jedem Termin Angst...aber die Zeit dazwischen,lebe ich schon ganz gut ohne große Angstattacken;-)
    Durch die FSH habe ich viele Frauen kennengelernt,mit und ohne Lymphknotenbefall,und alle kennen die Angst eines Rezidiv!ich kenne auch Frauen die schon jahrelang mit der Krankheit leben und das nimmt mir meine Angst und ich sage mir immer :ich habe es einmal geschafft...sollte es mich nochmal treffen..dann pack ich es naklar auch!
    Das Leben ist für keinen Menschen unendlich...das ist mir so klar geworden und ich versuche jeden Tag zu geniessen und intensiv zu erleben...das nimmt mir auch die Ängste,denn irgendwie bin ich auf dem Weg glücklicher und zufriedener zu werden als vor meiner Erkrankung!
    hört sich vielleicht merkwürdig an ist aber so:-)


    Dir viel Kraft für deine Therapie und mach Dich nicht verrückt von Prognosewerten!!!


    Sonnige Grüße
    Simone

  • Liebe Leni, liebe sim65,


    danke für Eure lieben Worte. Ich war in der Chemo die einzige mit Lymphknotenbefall. Auch sonst habe ich niemanden kennengelernt, der ebenfalls einen Befall der Lymphknoten hat. Ich dachte (und denke) immer, dass der Krebs bei den anderen früher erkannt worden ist. Nur bei mir ist er schon weiter fortgeschritten. Ensprechend deprimiert (hat) mich das.


    Das mit der Angst ist so eine Sache. An manchen Tagen bin ich guter Dinge. Dann wache ich manchmal morgens auf und mein erster Gedanke ist der Krebs....ohGottohGott.... Der Tag ist dann gelaufen. Warum die Angst manchmal so hochkommt weiß ich nicht. Leider wache ich zur Zeit häufig "mit schlechten Gedanken" auf. Ich versuche mich dann abzulenken. Das gelingt mir aber leider nicht immer. Mit der Angst umgehen - das kann ich bisher noch nicht.


    Viele Grüße
    Paula

  • Hallo Paula,


    Du beschreibst die Angst, wie ich sie auch erlebe. Morgens aufzuwachen, der erste Gedanke Krebs, ....und schon ist sie wieder da, die Angst. Ich möchte Dir eine kleine Geschichte von mir schreiben. Bin ja 2010 an Brustkrebs erkrankt. Mir wurde die Brust amputiert ohne Brustaufbau. Schwimmen gehen das ging gar nicht. Angst erkannt zu werden war für mich schlimm. Nun war das heiße Wochenende und ich habe es gewagt ins Schwimmbad zu gehen, sogar im Wasser war ich. ....Was soll ich sagen ich war so glücklich. Niemand hat etwas bemerkt. Also am Sonntag wieder ins Freibad. Ich hatte plötzlich das Gefühl wieder da zu sein. Und es klappt. Meine Angst war nicht verschwunden aber ich hatte zum ersten Mal wieder so ein Gefühl was ich so lange nicht mehr hatte.




    Das schreibt sim65, lese es einmal. Es ist das was das Leben ausmacht :P


    Das Leben ist für keinen Menschen unendlich...das ist mir so klar geworden und ich versuche jeden Tag zu geniessen und intensiv zu erleben...das nimmt mir auch die Ängste, denn irgendwie bin ich auf dem Weg glücklicher und zufriedener zu werden als vor meiner Erkrankung!
    hört sich vielleicht merkwürdig an ist aber so:-)

  • Hallo Leni,


    ja, Du schreibst richtig, man muss den Moment genießen. Ich versuche in den Alltag zurückzukehren. Nachdem meine Behandlung aber noch nicht abgeschlossen ist (Bestrahlung beginnt nächste Woche) gelingt mir das nur bedingt. Die Krankheit ist ständig präsent. Es würde mir gut tun, etwas Distanz zu bekommen, nicht ständig die Bedrohung Krebs (wie eine dunkle Wolke) über mir zu spüren. Vielleicht kommt das mit der Zeit. Momentan dominiert die Angst.


    Es ist schön zu sehen, dass ein Stück Normalität in Dein Leben eingekehrt ist. Es ist schwierig wieder an das alte Leben anzuknüpfen. Aber vielleicht ist das auch der Weg die Angst in den Griff zu kriegen.


    Liebe Grüße
    Paula

  • Liebe Paula,


    ich weiß ganz genau, wie Du Dich gerade fühlst, ich habe dasselbe auch durch gemacht. Und es hat eine quälend lange Zeit gebraucht um wieder zu verschwinden.


    Ich bin Heilpraktikerin auf dem Gebiet der Psychotherapie und dachte immer, ich würde mich selbst ganz gut coachen können aber auch ich habe kapituliert. Die Ängste überfallen Dich völlig unvorhergesehen von einer auf die andere Minute. Und es lähmt und schmerzt und plötzlich scheint es kein Morgen mehr zu geben. Kein Sonnenstrahl kann Dich erheitern, keine Worte aufmuntern (die dann eh alle klingen wie Hohn).


    Ich kann Dir aber sagen: es wird besser, je länger du damit lebst, desto mehr schwinden die Ängste. Zwar keimt es unterschwellig immer mal wieder auf, aber es geht auch wieder und Dein Fokus liegt wieder auf anderen (schöneren) Dingen. Mein Tipp: geh viel raus, auch wenn Dir nicht danach ist. Geh unter Leute und igel Dich nicht ein. Mach einen Stadtbummel, gönn Dir ein Eis oder irgendwas, wonach Dir der Sinn steht. Besuch Veranstaltungen, geh ins Kino und tu Dinge, die Du vielleicht sonst nicht getan hättest.


    Mein Mann sagt immer: dieser schei** Krebs ist für nichts gut, für gar nichts. Ich denke so nicht (mehr). Wenn es nicht für irgendwas gut ist, wieso muss ich das dann durch machen? Es MUSS einen Nutzen haben.


    Dein Achsellymphknoten ist befallen, ja, das ist natürlich ein gehöriger Schreck aber keinesfalls ein Todesurteil! Lebe, Paula, und das nach allen Regeln der Kunst! Wir haben nur dieses eine Leben, manch eines länger, das andere kürzer und wir sollten es nicht an eine Angst verschwenden. Befrei Dich von den Fesseln und trotze jeder entarteten Zelle.


    Nimm Dir die Zeit, die Du brauchst um wieder nach oben zu rudern aber lass Dich nicht dauerhaft gefangen nehmen. Es ist sicher eine Herausforderung aber ich bin sicher, dass Du schon ganz viele andere Dinge in Deinem Leben gemeistert hast, das schaffst Du auch noch!


    Ganz liebe Grüße
    Diana

  • Liebe Paula - und all Ihr anderen, die auch von dieser Rückfallangst betroffen sind (die wohl den wenigsten von uns erspart bleibt).


    Als ich mit diesen Ängsten ganz stark zu kämpfen hatte, war es Sommer, heiß, gewittrig. Und da ist mir folgendes Bild in den Sinn gekommen:


    Meine Angst ist wie eine Gewitterwolke.
    Wenn das Gewitter aufzieht, dann kommt eine schwarze Wolkenwand auf mich zu - sie füllt den ganzen Himmel aus, nimmt alles Licht und die Welt ist plötzlich nur noch grau, trist und bedrohlich. Es beginnt zu donnern und zu blitzen und ich möchte nur noch eine Höhle, in der ich mich verkriechen kann.
    Aber es gibt auch andere Tage, da ist die Gewitterwolke nur am Rand meines Blickfeldes und sie hat vieles von ihrer Bedrohlichkeit verloren, weil vor mir der Himmel ganz blau ist und der leise Wind die drückende Schwüle des Tages wegweht.
    Und manchmal ist vor mir ebenso wie am Rand meines Blickfeldes alles hell und freundlich. Die Sonne scheint warm und die Vögel zwitschern. Zu dem Zeitpunkt ist die Wolke hinter mir. Ich sehe sie nicht, ich weiß nur, dass sie irgendwo am Horizont ist und dass ich sie sehen könnte, wenn ich mich umdrehen würde. Aber was würde es mir nutzen, mich zu diesem Zeitpunkt umzudrehen? Ich kann ja noch gar nicht abschätzen, wohin die Wolke wirklich ziehen wird. Vielleicht treibt der Wind sie ganz woanders hin oder das Gewitter geht weit weg von mir herunter oder oder oder. Und in diesen Momenten genieße ich in vollen Zügen den strahlenden Sonnenschein, in dem ich stehe und freue mich daran. ( © Flora )


    Das Bild der Gewitterwolke hat mir geholfen, meine Angst auszuhalten, weil ich bewusst wahrgenommen habe, wann die Wolke etwas an den Rand des Blickfelds gerückt ist. Und die Momente, in denen es vor mir hell und freundlich war, habe ich voll ausgekostet - egal wie kurz sie auch gewesen sind. Und ich hoffte sehr, dass die dunkle Wolke irgendwann nicht mehr mein ganzes Blickfeld ausfüllen und es auch wieder schöne, angstfreie Momente in meinem Leben geben würde.


    Und nun nach einigen Jahren ist es wirklich so, dass die Wolke noch weit, weit hinter mir am Horizont hängt, dass sie mir aber nicht mehr allzu viel Angst einjagt, weil ich mir sage: ich muss mich nicht schon vor dem Gewitter fürchten, bevor ich weiß, ob es überhaupt bei mir ankommt. Wenn es soweit sein soll, dann kann ich immer noch alles Notwendige tun - und bis dahin genieße ich das, was jetzt schön ist.


    Ich wünsche Euch allen, dass Ihr Augen habt für die schönen, hellen Momente und diese genießen könnt! :thumbup:


    Ganz liebe Grüße von Flora



    @ Paula: ich hatte einen recht großen Tumor UND befallen Lymphknoten ... und zurzeit bin ich o.k.

    Habe Augen für die schönen Dinge, die Du jeden Tag erlebst. - Genieße sie und freue Dich darüber, auch wenn es nur Kleinigkeiten sind.

  • Hallo Flora,


    Dein Beitrag hilft mir wirklich sehr. Mich quält einfach der Lymphknotenbefall. Ich denke halt immer, wenn er schon in den Lymphknoten ist, dann hat er sicher auch schon Metastasen abgesetzt. Die schwirren jetzt in meinem Körper umher und suchen sich eine Stelle wo sie sich festsetzen können. Wenn der Tumor nur auf die Brust beschränkt wäre, könnte ich mich daran klammern, dass er sich noch nicht ausgebreitet hat. Der Großteil meiner Angst resultiert daraus.


    Ein weiteres Problem ist, dass ich ja einen sehr großen Tumor hatte. In der Chemo und in der Gesprächsgruppe habe ich bisher nur Frauen kennengelernt, die einen sehr kleinen Knoten hatten, die meisten sogar unter 2cm. Meiner ist ja fast doppelt so groß gewesen. Ich dachte mir dann oft, na ja, von allen Anwesenden habe ich die schlechteste Prognose und wenn jemand in die Negativstatistik fällt, dann werde das wohl ich sein. Ich war dann oft sehr deprimiert und mutlos.


    Ich weiß natürlich, dass Lymphknotenstatus und Tumorgröße nicht alles ist. Mir gelingt es aber nicht den nötigen Optimismus an den Tag zu legen. Ich versuche die negativen Gedanken zu verdrängen. Aber wie gesagt - es kommt immer wieder hoch.


    Vielen lieben Dank
    Paula

  • Liebe Diana,


    ich habe lange über Deinen Beitrag nachgedacht. Für was ist der Krebs gut? Klar, ich habe mich aufgerieben zwischen Job und Familie und jetzt - bin ich erst mal ruhiggestellt. Ich habe in der Krankheitsphase gelernt wieder meine eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen, bewußter zu leben. Allerdings - hätte mir mein Körper dies nicht auch anders sagen können!!! Es gibt den Spruch.... man soll die Krankheit als Chance sehen.... Da ist was dran. Allerdings ist der Preis für diese Erkenntnis schon sehr hoch.
    Ich versuche jetzt tatsächlich mein Leben mehr zu genießen, als Geschenk zu sehen. Ich habe einen wahnsinnigen Lebenshunger. Das motiviert micht schon und gibt mir Kraft. Vielleicht ist das ja ein kleiner Weg aus der Angstfalle.... ich denke weiter drüber nach.


    Viele Grüße
    Paula

  • Liebe Paula, liebe Mitleser,


    zunächst möchte ich Flora für die tolle Metapher danken, das hast Du echt schön in Bilder umgesetzt, ich liebe das ja eh sehr.


    Paula, ja Du hast völlig Recht, es hätte nicht gleich Krebs sein müssen, wie hieß gleich der Buchtitel von Gaby Köster? Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Aber als Untertitel steht da: Meine zweite Chance.
    Es ist immer ungerecht, es ist immer niederschmetternd und es macht uns wütend, verzweifelt und vor allem ängstlich. Aber Du bestehst nicht nur aus Krankheit, auch wenn sich das derzeit so anfühlt.
    Ich habe immer einen Satz von der jungen Frau im Kopf, die das Buch schrieb: und morgen bin ich blond.
    In einem Interview sagte sie sinngemäß: Irgendwann habe ich zu meinem Krebs gesagt: OK, Du bist da, aber ich bin auch noch da!! Danach fing sie an zu leben!
    Aber ebenso wie wir alle hier hatte sie am Anfang der Diagnose schreckliche Ängste.
    Ja, Paula, der Preis ist echt hoch, gar keine Frage, aber letztendlich haben wir darauf keinen Einfluss, das hat wer anders entschieden und wir müssen damit umgehen lernen. ABER Du kannst bestimmen, wie viel Du zulässt und wann Du sagst: es reicht jetzt, ich bin trotzdem noch ICH und ich lasse mich durch Krebs nicht fremd bestimmen.
    Darf ich Dich fragen, wann Du zuletzt so richtig laut und wir unbeschwert gelacht hast? Ich verspreche Dir, wenn Du das wieder mal gemacht hast, ohne an den Mist zu denken, ist das derart befreiend! Und ein erster Schritt in die richtige Richtung.


    Jaaaaa, sei hungrig nach allem was so richtig Laune macht! 8)


    Herzliche Grüße
    Diana

  • Ein herzliches Hallo in die Runde, ^^


    ich möchte zu diesem Thema einen Aspekt einbringen, der hier noch nicht beschrieben ist. 8|


    Die Angst ist da, sie ist verständlich, sie lähmt uns, blockiert unsere Gedanken auf anderes und überhaupt, wer will schon Angst haben? Ist doch unnötig.
    Denkste. Genau das ist es, was uns überhaupt erst rüttelt und schüttelt, mal in unserem eigenen Leben stehen zu bleiben. :cursing: Und wenn wir das dann wirklich endlich tun, stellen wir oft fest, wieviel anderes Leben sich in unserem tummelt. :huh: Und wie viel Kraft uns das kostet. Und wie krank uns manches auf Dauer dann gemacht hat.
    Die Angst bringt uns in die Zwangslage, eine echt wichtige Entscheidung - für uns - zu treffen. Alles andere mal hinten an zu stellen, weil wir überleben wollen.


    Einer gute Freundin aus meiner FSH habe ich zu verdanken, dass ich verstanden habe, was das bedeutet. Sie sagte zu mir: Auch die Angst will gesehen sein. Sie gehört zum Leben dazu. Sie hat eine wichtige Bedeutung, denn ohne Angst würden sicher viele bei rot über die Ampel fahren. :wacko:


    Das Fatale ist, mit dem Auto wagen wir das nicht. Mit unseren Kräften tun wir das ständig. Oder ist hier jemand, der vor der Krankheit gut auf sich selbst geachtet hat?
    Ich höre immer wieder von vielen Frauen: erst die Familie, die Arbeit, die Freunde und dann..... ich. So habe ich auch gelebt. Bis ich Krebs bekam.


    Vorher hatte ich allerdings schon andere HINWEISE meines Körpers, nämlich Lähmungserscheinungen und einen heftigen Bourn out.
    Sofort davon wegkommen wollend habe ich auch da keine Rücksicht auf mich und meine Kräfte genommen. 7 Monate danach dann Brustkrebs.


    Mein Tumor war über 2 cm groß, und er hatte ganz viele kleine Doppelreihen an Tumoren an sich dranhängen. Die ganze Brust voll damit. 11 von 18 Lmphknoten befallen. Und das war 2002. Ich sagte damals schon, ich möchte 87,5 Jahre alt werden. Und war grad vor meinem 41. Geburtstag.


    Auch ich habe Phasen der Angst gehabt, und ich hatte Freundinnen, die diese Angst mit mir ausgehalten haben. Nicht verdrängt, sondern einfach hingeguckt.
    Und dann mit Ablenkung, wie hier schon viele Beispiele benannt sind, die Angst mitgenommen. Zum Eis essen, zum spazieren gehen. Ich hab sie mitgenommen und es hat geklappt. Dabei habe ich festgestellt, ein Eis hat meine Angst auch gemocht, und sie ist geschmolzen.


    Ihr Lieben, die ihr am Anfang der Behandlungen steht: Keiner weiß was sein wird. Von mir kann ich berichten, ich hab grad wenig Zeit, hier zu sein, weil ich in den nächsten 2 Tagen in ein Haus einziehe. Es ist irre viel zu tun. Ich hab Kraft und Freude, sogar am putzen. Muss wohl eine Spätfolge der Chemo von vor 11 Jahren sein. 8| :thumbup:
    Nur die Hitze ist im Moment der Hammer für mich. Aber sonst bin ich auf dem Weg zu meinem 87. Geburtstag. Kommt einfach mit.
    Sicher weiß ich nicht, ob ich s bis dahin packe, und ich weiß auch nicht, wer von euch dabei sein wird. Aber ich weiß, die Angst darf mitgehen bei mir. Seit sie das weiß ist sie nicht mehr so nagend.


    Ich hoffe, meine Erfahrung hilft euch, ein Ziel in der nächsten, und eins in der fernen Zukunft zu verankern. Und dann gehts los. Und denkt bloß dran, immer schön viel Pausen zu machen. Pausen sind toll.



    liebe Grüße von eurer umzugsfreudigen
    phönix

    Gemeinsam ist ein schwerer Weg nicht kürzer, aber er ist leichter zu gehen. :)

  • @ Phönix:


    Dein Beitrag ist einfach nur superklasse und ich bin Dir dafür sehr dankbar denn Du hast das wunderbar auf den Punkt gebracht!


    @ Paula: Prognosen sind letztlich "nur" Prognosen und ich denke da immer an den Ausspruch meiner damaligen Ärztin in der Strahlenklinik, sie meinte dass es die erstaunlichsten Verläufe geben würde und dass sie persönlich sehr wenig von Prognosen hält. Und bei mir war es so dass die Meinungen der Ärzte auch ziemlich weit auseinander lagen, von einer 50-50%- Chance bis hin zu einer 90%-Chance war alles vertreten. Und ich habe mir gesagt: selbst wenn es wirklich nur 50% sind dann nehme ich eben die 50%. Das ist natürlich eine Einstellung die ich auch nicht von Anfang an hatte, die habe ich mir schon "erarbeiten" müssen aber ich habe doch mit Hilfe einer Psychoonkologin dazu gefunden und ich bin sehr froh dass sie mir dabei geholfen hat. Vielleicht wäre das auch eine Option für Dich?


    Liebe Grüße von der Branwen

  • Liebe Paula, liebe Runde,
    vielleicht kann ich ja auch noch was zu dem Thema beisteuern.


    Also mir hilft gegen diese Angst, mir einfach Personen in Erinnerung zu rufen, die vielleicht nicht die beste Prognose haben, aber schon lange und - sehr wichtig - auch größtenteils glücklich leben. Für mich war das zu Beginn der Diagnose z.B. Frau Rexrodt von Fircks und eine Verwandte mit Bk. Die Gespräche mit meiner Verwandten und ihre Ausstrahlung haben mir damals Mut gemacht, genau wie die Bücher von Frau Rextodt von Fircks. Da dachte ich, auja, das will ich auch. :thumbup: Mitlerweile sind noch einige andere "Vorbilder" dazugekommen. Und es ist schön zu wissen, das es das gibt. Ungünstige Prognose und langes gutes Überleben.


    Heist natürlich nicht, das ich alles mache wie diese Menschen, oder das es für mich genauso gehen wird, aber alleine mir ihre Art und ihre Ausstrahlung vorzustellen - zu denken es gibt sie - das macht mir Mut.


    viele liebe Grüße
    Madita

    „Tu erst das Notwendige, dann das Mögliche, und plötzlich schaffst du das Unmögliche.“ Franz von Assisi

  • Liebe Paula!


    Ich kann Dich sogut verstehen. Nach meiner 1. BK-OP sagte man mir, dass sie 14 Lymphknoten entfernt hätten und 12 davon befallen waren.
    Deshalb musste ich dann auch Chemotherapie machen, die eigentlich gar nicht vorgesehen war. Und dann musste die Strahlentherapie wegen
    schwerer Verbrennungen abgebrochen werden. Mein Onkologe wies mich dann auch noch einmal daraufhin, dass der Krebs ins Lymphsystem eingedrungen ist
    und ich deshalb immer aufmerksam sein muss.
    Ja, wie geht frau damit um??? Ich weiß, dass da immer wieder etwas kommen kann, aber ich habe darauf keinen Einfluss und deshalb versuche ich
    mein Leben so gut wie nur möglich zu gestalten und auch Dinge zutun, die ich eigentlich schon immer tun wollte und mich nie getraut habe.
    Damit bin ich ausgefüllt und es macht mich glücklich, wenn es auch manchmal sehr anstrengend ist. Die Kärfte sind noch nicht wieder da.


    Paula, die Angst wird uns begleiten, aber mache das Beste aus Deinem Leben.


    Mitfühlende Grüße


    Gabriele

  • Hallo zusammen,


    wenn ich das hier lese, erschrecke ich mich ein wenig, weil ich bis jetzt - und das sind nun schon sieben Jahre - keine Angst vor dem Ergebnis der Nachsorgeuntersuchungen (sprich Rezidiv/Metastasen) hatte bzw. habe.


    Ich hatte nur einmal eine regelrechte Todesangst, die mich abends im Bett ganz plötzlich überfiel; das war der Tag an dem ich erfuhr, daß ich an Brustkrebs erkrankt war.


    Vielleicht liegt es daran, daß ich die Gabe habe positiv zu denken und mich auch mit der Realität anfreunden konnte und - wie Gabriele es treffend gesagt hat - ich keinen Einfluß darauf habe.


    Das Verarbeiten des Albtraums begann erst ein paar Jahre danach.


    Übrigens: Bis dato war ich weder in einem Forum noch in einer Selbsthilfegruppe. Vielleicht ist das auch einer meiner Wege der Verarbeitung.


    Denkt nicht zuviel darüber nach - wenn ihr es könnt!

  • Für Deine Haltung TochterT und Deine nichtvorhandenen Ängste bewundere ich Dich. Sehr sogar! Bei mir kam die eigentliche Angst erst, nachdem ich mit der Therapie 'durch' war und Zeit hatte, zu realisieren, was hier gerade eigentlich ablief. Davor hatte ich nur funktioniert, habe die Chemo gut hinter mich gebracht etc. Und das war auch denke ich gut so. Aber jede von uns ist anders und insofern ist es wirklich interessant, wie jede von uns mit der Angst umgeht und wann wer Ängste verspürt.


    Ich habe bspw. überhaupt keine Angst vor einem Lokalrezidiv aber vor Metastasen (trotz negativem LK-Befall). Derzeit wieder sehr präsent, weil ich seit Wochen unspezifische Schulterbeschwerden habe und einfach nur SCHISS, diese abklären zu lassen. Naja. Psychotherapie hilft einigermaßen und ich kann nur jedem empfehlen, sich externe Hilfe zu holen. Es ist einfach etwas anderes, mit einer externen Person zu reden. Man bekommt völlig neue Blickwinkel und kann mitunter auch andere 'Themen über sich' aufarbeiten. Was bei den Sitzungen bei mir schon alles 'gelöst' wurde und wieviele Tränen schon gelaufen sind.... Wahnsinn!


    An Dich, Paula: Kann Dich nur ermuntern, wie hier auch geschrieben wurde, Dich an positiven Beispielen wie Frau Rexrodt-von Fircks aufzumuntern. Sie hatte vor 15 Jahren ein Überlebensprognose von 15%. Zwei meiner Bekannten mit BK hatten auch befallene Lymphknoten und der Krebs ist bisher seit 4 bzw. 7 Jahren nicht mehr zurück gekommen. Andere wiederum mit nicht befallenen LK, haben Rückfälle bekommen. Also.... keine von uns hat eine 100%-Garantie bzw. NIEMAND hat doch die Lang-Lebe-Garantie! Denn wer von den vermeindlich 'gesunden' weiß schon, was in ihm schlummert?


    Ich habe mal den Krebs und damit assoziiert den Tod in Form eines rosaroten Panthers gesehen, der sich bedrohlich vor mir aufgebaut hat. Zuerst habe ich ihn lauthals verscheucht. Meine Therapeutin hat mir dann aber empfohlen, ihn doch mal eingehend zu betrachten, falls er wieder kommt und ihn dann freundlich zu bitten, wieder zu gehen! Das hat ganz gut funktioniert und es ging mir besser danach.


    Verflixt.... sterben müssen wir alle einmal - das ist vermutlich die einzige Tatsache, die ganz gewiss ist. Und wir Krebspatienten müssen uns einfach etwas früher mit den Gedanken über den Tod auseinandersetzen.


    Allen hier einen guten Umgang mit den Ängsten, die hoffentlich wirklich mit der Zeit verblassen....


    Seid lieb gegrüßt!!!

  • Liebe Runde,



    der Thread hat mich jetzt angesprochen. Es sind wunderbare Statements dabei und man merkt, dass diese Statements aus dem Herzen kommen und nicht einfach so hingetippt wurden. Ich hatte fürchterliche Angst nach der Diagnose. Eine Angst, die ich so noch nie im Leben gespürt habe. Angst gemischt mit Entsetzen. Für einige Monate habe ich schonmal in Kenia gearbeitet, auch da hatte ich Angst, in Nairobi allein unterwegs zu sein. Dann hatte ich oft Angst um andere Menschen, Angst vor dem Zahnarzt :rolleyes: , Angst vor Uniprüfungen. Aber die Angst, die ich die Tage nach der Diagnose verspürt habe, ging bis auf den Seelengrund hinab. Und ich glaube, Ihr alle kennt das! Die Seele schmerzt und der Geist schreit auf ICH???



    Es wird Euch jetzt erstaunen, mich selbst auch, dass ich Mitten in der Chemo keine Angst mehr vor Krebs habe. Für mich völlig unverständlich habe ich nur noch vor den Chemos große Angst. Lachen ist an dieser Stelle nun erlaubt 8o . Vielleicht liegt es daran, dass ich keine Angst vor dem Tod habe, nur vor dem Sterben an sich. Das kann schnell und langsam erfolgen und keiner will langsam. Als ich die Diagnose bekam, habe ich immer in Kirchen (das war mein Rückzugsort) weinen müssen, bis ich mir eines Tages mein eigenes Bild vor Augen geführt habe: Was sah der liebe Gott da immer? Eine zutiefst verheulte Frau mit anklagenden, flehenden Augen, immer mit der Bitte wieder gesund zu werden, und sowieso immer mit der Frage WARUM??? Jedes Mal. Und dann habe ich mich gefragt, wer bin ich überhaupt im Vergleich zu anderen Menschen? Halte ich mich für so wichtig, um ein Anrecht darauf zu haben, ein gesundes und völlig glattes Leben bis ins Alter zu führen? Halte ich mich ernsthaft für besser als all die 70000 Brustkrebserkrankungen im Jahr in D, als all die Menschen, die vor mir schon an Krebs erkrankt sind, als Ihr? Nee, jeder Mensch ist gleich wert (vor Gott). Ab da war mit den "Reklamationen" an meinen Schöpfer Schluss. Jetzt heule ich nur noch nach den Chemos und formuliere vorab meine Bitten an den Herrgott vorsichtiger: Er solle mich doch wenigstens gut beschützen, wenn die Chemo in mir wütet. Auch hier dürft Ihr wieder lachen! Ich bettel nicht mehr um Heilung. Für mich hat das Leben einen Sinn, ich bin sinnvoll und gewollt, dann hat auch meine Erkrankung einen Sinn.



    Das Sterben gehört nunmal zum Leben dazu. Das hört in unserer Gesellschaft nur niemand gerne. Es freuen sich immer alle, wenn ein Baby geboren wird. Wenn ein geglücktes Leben zu Ende geht, sollte man sich auch eigentlich freuen. Macht hier nur keiner, was ich schade finde. In Afrika ist das Lebensende viel unkomplizierter. Doch was ist ein glückliches Leben? Es kann kurz und lang sein. Viel schlimmer ist doch ein langes, unglückliches Leben?! Die Lebensdauer ist wohl nicht so der alleinige Faktor...



    Eine Frau in meinem Alter (39) in Kenia mit der gleichen Diagnose (sie würde ja niemals eine Diagnose bekommen) würde an dieser Erkrankung irgendwann sterben. Wir alle leben deswegen in einem wunderbaren Land mit guten Heilungschancen. Allein wegen dieser imaginären Frau in diesem Entwicklungsland, fühle ich die Verpflichtung, aus dieser meiner Krankheit heraus etwas Gutes entstehen zu lassen. Egal was es ist, ob eine Einstellungsänderung, eine Lebensumstellung, andere Gedanken, andere Sichtweisen, konkrete Aktivitäten...mir wird durch Zufall, weil ich nunmal an diesem Ort auf die Welt gekommen bin, trotz schwerer Erkrankung ein Heilungschance mit auf den Weg gegeben. Ob ich nun nicht mehr so viele Jahre vor mir habe, oder noch mehr: Ich kann zufriedener von dieser Erde gehen, wenn ich diesen Einschnitt im Leben nutze. Meiner Meinung ist ein Anschluss an die Zeit vor der Diagnose eh nicht mehr möglich. Diagnose, Op, Chemo, Bestrahlung, das formt einen so, dass man an sein früheres Leben eh nicht mehr anknüpfen kann. Anders, verändert weitergehen, besser weitergehen, sinnvoller weitergehen, bewusster weitergehen bis zum Ende unserer Tage. Wie jeder Mensch auf Erden, nur haben wir das früher als andere Menschen begriffen, begreifen müssen. Das ist die nämlich die große Chance dieser vermaledeiten aus der Reihe tanzenden, verrückten Zellen. Buen Camino!