Hallo,
schade, daß ich ein paar Tage nicht im Forum war, ich hätte
Ms.Verzweifelt
gern ein bißchen Rückendeckung gegeben.
Es wurde immer wieder geschrieben, sie sei "nur" Angehörige, meiner Meinung nach sehr unfair.
Nun, ICH bin betroffen. Und mir stellt sich durchaus die Frage, ob der Erfolg den Preis wert war.
Der Erfolg: der aggressive Teil meines Lymphoms ist erstmal zurückgedrängt. Er hätte mich innerhalb von 6 Monaten das Leben gekostet. Der niedrig-maligne Teil des Follikulären Lymphoms ist aber weiterhin vorhanden. Mit sehr viel Glück bleibt es beim langsamen Wachstum, da es aber schon mal "umgeswitcht" ist... Heilbar ist es nicht.
Der Preis: Auch 16 Monate nach Behandlungsende bin ich immungeschwächt, d.h. gerade zu dieser Jahreszeit muß ich größere Menschenansammlungen in geschlossenen Räumen meiden. Nichts mehr mit dem Besuch von Vorträgen oder auch nur Essen in gut besuchten Restaurants. Bücherei- Bücher muß ich wegen der Pilz-Gefahr meiden, und mein Hobby "Puzzlen" kann ich nur mit Neuware durchführen (wird somit Teuer!) Jetzt erst rückt meine Onkologin damit raus, daß es nicht ungewöhnlich ist nach dieser Behandlung und zwischen 2 und 4 Jahre andauern kann! Brauche ich bis dahin bereits wieder eine Therapie?!
Ich bin vor der Therapie viel gelaufen, habe, da ich nicht selber Autofahren kann, vieles zu Fuß erledigt. Gern auch diese oder jene Gegend bei "Wind und Wetter" erwandert. Jetzt bekomme ich nach einer halben Stunde Muskelschmerzen. Leide auch schubweise Nachts an Schmerzen.
Da auch mein Magen-Darm-Trakt (wie auch meine übrige Schleimhaut) immer noch geschädigt ist, gibt es kein Schmerzmittel, das ich länger als ein paar Tage (wenn überhaupt) vertrage. Denn auch "gesunde" heißt ballastreiche Speisen vertrage ich nicht!
Unterstützung von der Onkologie meines Krankenhauses: Fehlanzeige! Ist übrigens bereits das "Wechselkrankenhaus", die erste Klinik hätte mich fast das Leben gekostet, als sie an ihrer Fehldiagnose festhielten.
Also: Hurrah, ich lebe noch: mit einer sehr eingeschränkten Lebensqualität, ohne Unterstützung der Ärzte, ohne soziales Netz. Ich frage mich durchaus, ob ich so will. Aber ich bin für ein anderes Leben verantwortlich.
Und der Zwang durch Ärzte? Oh, ja den gibt es. Mein größter Lymphknoten befand sich nahe am Herzen im Aortenbogen. Dort ist jetzt auch noch ein Restbefund von 1,5 cm, der aber genauso Narbengewebe sein kann. Ausserdem wurden bei einer Biopsie keine Krebszellen gefunden. "sicherheitshalber" sollte dennoch eine Bestrahlung stattfinden. Als ich es aufgrund der Lage unter diesen Umständen ablehnte, wurde mir auch ein abschliessendes PET-CT verweigert (steht sogar so im Abschlußbericht). Als ich den letzten Zyklus um eine Woche verschieben wollte, da ich grenzwertige Leukozythen-Werte sowie eine Erkältung hatte, wurde mir erzählt, ich würde den Erfolg der ganzen Therapie gefährden. Damals wußte ich es noch nicht besser!
Laut meiner Onkologin sind die Ärzte nur verpflichtet, über die üblicherweise auftretenden Neben-/Nachwirkungen aufzuklären. Bewußt wurde mir nicht alles gesagt, um keine Ängste bezüglich der Therapie aufkommen zu lassen. Und ich kann nicht fragen "was eine blaukarierte Kuh frißt", wenn ich nicht weiß, daß es sowas gibt!
Gute Ärzte klären natürlich auf und arbeiten mit den Patienten auf gleicher Ebene zusammen. Aber das ist zeitaufwendig und mühsam, und es gibt viele Ärzte, die es daher eben nicht tun!!! Und das betrifft übrigens nicht nur Onkologen.
Ich wundere mich, daß es vollkommen in Ordnung ist, wenn jemand in einer Patientenverfügung lebenserhaltende Maßnahmen verweigert, weil ihm das Leben unter bestimmten Umständen sinnlos und als Quälerei erscheint. Weil er Lebensqualität vor Quantität setzt.
Bei mir bestand anfangs aufgrund der Fehldiagnose der Verdacht auf Lungenkrebs im Endstadium. Als ich sagte, ich würde dann meine letzten Monate nicht mit einer Chemo verbringen, schickte man mir sofort eine Psychoonkologin, die mich bekniete.
Die Chemo-Therapie verursacht je nach Mittel starke Folgeschäden, und es ist ein bekanntes Problem, daß die Nachbetreuung bundesweit sehr zu wünschen übrig läßt, man hinterher oft allein dasteht. Wenn man das also bereits bei der Diagnose weiß, hat doch wirklich jeder das Recht, selber zu bestimmen, welcher Preis an Lebensqualität er bereit ist zu zahlen. Die bisherigen Beteuerungen eurerseits kamen mir aber eher wie "Lippenbekenntnisse" vor.
Eine schöne Vorweihnachtszeit trotz eures Krebstieres!
marita