Liebes Forum,
ich bin gerade neu dazu gekommen und stelle mich gern mal vor - aber Achtung, das ist eine längere Geschichte!
Ich bin 37 Jahre alt. Im April 2016 wurde bei mir, nachdem ich bereits länger mit vor allem Verdauungsproblemen gekämpft habe, ein Pseudomyxoma peritonei festgestellt. Bis dahin war es jedoch ein langer Weg. Bereits ungefähr ein Jahr zuvor fingen meine Symptome an. Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfall, ein dicker "geblähter" Bauch - bis ich dann praktisch täglich Durchfall hatte. Ich konnte es auch teilweise nicht mehr einhalten, wenn es anfing zu grummeln, und traute mich kaum noch aus dem Haus.
Ich ging zu meiner Hausärztin, die machte ein paar Untersuchungen und Tests, u. a. auch auf Parasiten, konnte aber nichts feststellen. Also schicke sie mich zum Internisten. Dieser machte ebenfalls Tests, Stuhlproben und auch Unverträglichkeitstests auf Fructose, Laktose und Sorbit. Fructose und Sorbit war auffällig, also hieß es zunächst, Fructosemalabsorption. Ich machte Termine bei der Ernährungsberaterin, ließ zunächst alles Obst weg und auch vorsichtshalber mal Gluten. Es wurde minimal besser, aber der geblähte, empfindliche Bauch blieb. Der Internist riet mir, meinem Darm Zeit zu geben, sich zu erholen. Alle Stuhlproblen wären ohne Befund gewesen, es gäbe also auch keinen Grund für eine Magen-Darm-Spiegelung. Ich bekam Reizdarm-Tabletten und pflanzliche Kümmelöl-Kapseln. Einen Ultraschall machte er auch nicht - wieso, weiß ich nicht. Auch mein Gynäkologe, dem ich im Februar die ganze Geschichte erzählte, machte keinen Ultraschall sondern tastete nur ab und machte einen Papp-Abstrich.
Nachdem es einfach nicht besser wurde, ging ich im an einem Freitag Mitte April 2016 in die Chefarzt Sprechstunde der Gastroenterologie im Klinikum. Der Arzt dort hörte sich meine Geschichte an und riet mir sehr wohl zu einer Magen-Darm-Spiegelung, um das endgültig ausschließen zu können. Wir vereinbarten einen Termin und als er mich so im Profil stehen sah - ich sah aus wie im 6. Monat schwanger - schickte er mich gleich noch zum Ultraschall. Sobald er den Ultraschall-Kopf auf dem Bauch hatte, schüttelte er den Kopf und sagte nur noch "Das habe ich befürchtet." Ich hatte den ganzen Bauch voll mit Flüssigkeit.
Dann ging es recht schnell. Montags hatte ich bereits einen Termin in der Klinik zum CT und zur Vorbereitung der Spiegelung. Bei der eingehenden Untersuchung wurden auch noch Auffälligkeiten an der Gebärmutter, zahlreiche Zysten an den Eierstöcken und im CT dann auch unklare Raumforderungen im gesamten Bauchraum gefunden. Dienstag die Spiegelung blieb ohne Befund, die Punktion der Flüssigkeit im Bauchraum ergab zunächst nichts. Ich wurde dann in die Gynäkologie geschickt, dort wurde nochmal intensiv untersucht und eine Gewebeprobe vom Muttermund genommen. Verdacht auf Eierstockkrebs, hieß es nun. Ich und meine Familie waren natürlich völlig geschockt. Schon 1 Woche später hatte ich einen OP-Termin. Die erste OP verlief insgesamt gut. Schon direkt nach der OP war klar, es ist kein Eierstockkrebs, sondern ein Pseudomyxoma peritonei. Das ist eine massive tumorzellarme Schleimbildung im gesamten Bauchraum mit Tumorbildung auf dem Bauchfell, die massiv Aszites (Bauchwasser) verursacht. In der OP wurden über 5 Liter Flüssigkeit aus meinem Bauch entfernt. Außerdem waren bereits die Gebärmutter und die Eierstöcke befallen und wurden entfernt.
Leider behandelt meine örtliche Klinik das Krankheitsbild, da so selten, gar nicht. Ich wusste also schon da, dass ich nochmal operiert werden muss. Dazu überwies man mich an die Uniklinik. Dort wurde ich im August erneut operiert, diesmal 13 Stunden lang. Es musste die Milz und Galle entfernt werden, außerdem ein Teil des Darms und der Blinddarm, ein Teil der Leber, praktisch das gesamte Bauchfell, ein Teil der Leber und 2/3 des Magens. Im Anschluss bekam ich eine HIPEC, eine Art Spülung des Bauchraums mit erhitzter Chemotherapie-Flüssigkeit. Damit der Darm gut heilen kann, bekam ich einenen temporären künstlichen Ausgang. Insgesamt verlief auch diese OP ganz gut. Leider hatte ich ungefähr eine Woche später eine Infektion mit Platzbauch, also die Nähte hatten sich gelöst. Deshalb musste ich nochmal nachoperiert bzw. -genäht werden und die Bauchnaht wurde aufgrund der Infektion nicht sofort komplett verschlossen, sondern zunächst täglich gespült und mit Gaze eingelegt. Außerdem bekam ich insgesamt 3 x einen Pleurakatheder, also eine Drainage, die Flüssigkeit, die sich hinter meiner Lunge angesammelt hatte, abgeleitet hat. Ebenfalls nachträglich bekam ich 2 zusätzliche Drainagen, eine zwischen Leber und Lunge und eine zwischen Leber und Magen, um die ebenfalls dort angesammelte Flüssigkeit abzuleiten und die Infektion zusammen mit viel Antibiotika zu bekämpfen.
Das Ganze war ziemlich anstrengend, wie ihr euch vorstellen könnt. Ich wog schlussendlich nur noch 43 kg bei 168 cm Körpergröße. Außerdem hatte ich durch die HIPEC als Nebenwirkung Geschmacksveränderungen und Ablösung der Mundschleimhaut. Mich ekelte vor fettigem Essen und ich vertrug es auch extrem schlecht. Durch den verkleinerten Magen schaffte ich auch nur winzigste Portionen. Die Ärzte sagten mir immer nur, ich muss essen, es war psychisch die reinste Qual für mich. Die Ernährungsberaterin und die Stomaschwester in der Uniklinik haben sich da unheimlich für mich stark gemacht, so dass ich nach 6 Wochen in der Klinik einen Port implantiert bekam und endlich nach Hause durfte. Dort bekam ich dann 2200 kcal täglich als parenterale Ernährung über den Port in die Vene und aß einfach nur, was mir schmeckte und soviel, wie ich vertrug. Da ging es auch endlich bergauf. Nachdem ich im Dezember auf Reha war, wog ich wieder 48 kg und im März war ich wieder bei 52 kg angelangt und konnte die parenterale Ernährung aufhören, über die ich die letzten Monate immer noch 1500 kcal täglich zusätzlich bekommen hatte. Im Februar wurde auch mein Stoma zurückgelegt, das half mir ungemein, da ich das Essen jetzt wieder viel besser vertrug.
Dann ging es erstmal stetig bergauf und ich fing sogar im Juni wieder an zu arbeiten. Leider kam der Rückschlag ganz schnell: schon Ende Juni wurde wieder Gewebe und Flüssigkeit entdeckt, und am 6. Juli 2017 wurde ich nochmals operiert. Wieder mit einer HIPEC. Allerdings diesmal ohne Komplikationen, und ich erholte mich Gott sei Dank sehr schnell.
Bis heute bin ich befundfrei. Seit Oktober letztes Jahr arbeite ich wieder und mein Leben ist fast wieder normal.Trotzdem beschäftigen mich viele Themen, die mit der Erkrankung aufgetreten sind, sei es in der Beziehung oder im Alltag, und ich freue mich auf den Austausch mit euch!
Liebe Grüße
Yarisha